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Gemeinschaftsgastronom:innen als Pioniere des Wandels

By Juli 6th, 2022No Comments

Vom 28. bis 29. Juni trafen sich rund 230 Entscheider:innen und Macher:innen der Gemeinschaftsgastronomie im Congress Park Hanau zum 31. Internationalen Management-Forum IMF. Zum Abschluss zweier hochspannender, informativer Tage bot die Key Note zur Ernährung der Zukunft des Nachhaltigkeitsexperten Daniel Anthes viel Positives.

Wie die Gemeinschaftsgastronomie proaktiv am nachhaltigen Wandel der Ernährung mitwirken kann, lautete das Thema von Daniel Anthes, Speaker, Autor, Sustainability Ninja und Start-up-Gründer aus Frankfurt am Main. Seine Message an die Branchen-Insider aus Operative, Lieferpartnern und Beratern: Die Branche ist längst im Wandel, Beispiele für intelligente Umsetzungen nachhaltigen Handelns sind da, wie etwa das Studierendenwerk Mannheim mit seinem preisgekrönten Konzept Greenes2 beweist. Und: Der digitale Fortschritt kann gute Trends und soziales Leben fördern. Ehrlich?

„Sie als Gemeinschaftsgastronomen sind die Pioniere des Wandels“

Den Überblick behalten

Der Trendfoscher des Zukunftsinstituts machte klar, dass die goldene Mitte aller starken, großen, kleinen, Sub- und Megatrends vor allem im richtigen Mix liege: „Lassen Sie sich nicht von Microtrends wie Hibiskus, Yuzu und Vitalpilzen vom großen Ganzen ablenken“, lautet sein Rat. Sie sind Blüten und Sprossen allgemeinerer Trends, die aus starken gesellschaftlichen Strömungen erwachsen und in den Megatrends Gesundheit, Nachhaltigkeit und Neo-Ökologie kulminieren.

DIE 4 MEGA-TRENDS DER ERNÄHRUNG

  • #Gesundheit „Gesund kann sehr lecker sein“
  • #Konnektivität „Digitalisierung macht arbeiten wieder menschlicher“
  • #Neo-Ökologie „Alternative Proteine, Clean Meat, Plant-based und Zero Waste sind bereichernde Hebel gegen Klimawandel“
  • #Individualisierung „Jeder möchte als Individuum wahrgenommen und versorgt werden für eine starke Gemeinschaft“

„Der Wandel findet oft zuerst beim Essen statt“, beobachtet Daniel Anthes und erhebt damit neugierige, mutige und zukunftsfreudige Gemeinschaftsgastronomen zu Pionieren des Wandels. Einer der einflussreichen Trends ist zweifelsohne die Digitalisierung und mit ihr immer deutlicher spürbar die sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik. „Wir Menschen wünschen uns nicht Digitalisierung. Was wir uns wünschen ist Vernetzung. Und die liefert das Digitale. Letztlich fördert es soziale Interaktion“. Die Argumentation des Trendforschers. Selbst die Robotik sei letztlich ein Förderer des Human Factors. Sie und digital optimierte Prozesse geben den Menschen – dem Koch, der Servicekraft – die Freiheit, ihr Handwerk wieder leidenschaftlich zu leben und Zeit für den Gast und das menschliche Miteinander.

Am vielkritisierten Social Media-Trend, sich permanent über tollste Foodfoto-Posts selbst zu inszenieren, stellt der Mutmacher den positiven Aspekt ins Rampenlicht: Junge Menschen interessieren sich für Essen, Rezepte und letztlich die Herkunft ihrer Lebensmittel. Food als Lifestyle-Attribut – und heute als Nachhaltigkeits-Vorreiter – hat der (Betriebs-)Gastronomie einen nie gekannten Image-Boom beschert. Bei der Beliebtheit der Ausbildung zum Koch hat sich dies jedoch noch nicht wirklich niedergeschlagen, wie das Gros der Vorträge und des individuellen Austauschs auf dem IMF 2022 immer wieder radikal deutlich gemacht hat.

„Wir müssen uns nicht streiten, wie viel oder wenig Schnitzel wir essen dürfen, sondern Foodwaste reduzieren“

KI sichert die Zukunft

Ein weiterer überraschender Vorteil eines teils schlecht beleumundeten Themas: Big Data. Mithilfe der KI-Technologie bietet das Datensammeln im Mega-Stil Hilfe für die Zukunft etwa im Kampf gegen Foodwaste, als wichtigstem Hebel der Ernährungsbranche gegen den Klimawandel. Laut Studien sind 70 Prozent der Lebensmittelreste im Außer-Haus-Markt vermeidbar. Oder wenn KI Restaurants zu Trend-Scouts macht: Global aus dem World Wide Web gesammelte Daten zu Restaurantbesuchen, Social Media-Posts und Speisekarten- und Rezepturen-Resonanz verknüpft das amerikansiche Start-up Tastewise, um sichere Trends für Umsatz und Erfolg beim Gast zu ermitteln. „Technology is here to stay“, sagt Anthes und sie mache den Menschen nicht überflüssig, sondern zum Culinary Director seines Lebens.

#Köstliche Intelligenz (s.o.), #Genuss-Entertainment und #Sustainability lauten Daniel Anthes‘ drei Thesen zu den wichtigsten Out-Of-Home-Trends. Ob Self-Checkout, KI, Work-Food-Balance mit Sterne-Koch-Aktionen, viel Design und Wohlfühl-Care oder auch Community-Gardening am Arbeitsplatz entstehe das betriebliche Wir-Restaurant, die Firma als kulturelles Konstrukt, wo Regionalität, die Glokalisierung in Angriff genommen werde, ja Chancen auf Mainstream habe. Die Challenge lautet jetzt Produktion in ausreichender Menge, Unabhängigkeit von globalen Lieferketten – Kurkuma und Ingwer wachsen längst auch in der Steiermark – und damit die Logistik.“ 92 Prozent der Menschen in Deutschland legen Wert auf regionale Lebensmittel. Ein guter Ausgangspunkt. Die Zukunft ist technologiegetrieben aber menschenfokussiert, konstatiert der Zukunftsforscher und schließt: „Ich bin überzeugt, dass die Zukunft der Gemeinschaftsgastronomie gut wird.“

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Der Artikel erschien ursprünglich bei der gvpraxis online und wurde von Frauke Brodkorb-Kettenbach verfasst.